CAFƒ SUSI (SUSI = soziale und
soziokulturelle Interaktionen)
im Begegnungsraum Neumaier HŠusl in
Stuhlfelden
27. 8. bis 8. 9. 2018
Ein Projekt von Wolfgang Seierl, kŸnstlerische Assistenz Esther Moises
im Rahmen von Wahre Landschaft, einer Initiative des Landes Salzburg
Eršffnung und EinfŸhrung
am Montag, 27. August 2018 um 19 Uhr
PrŠsentation und Abschlussfest
am Samstag, 8. September 2018 un 19 Uhr
jeweils im Neumaier HŠusl, Dorf 13, 5724 Stuhlfelden
Alle Geschichte ist die Geschichte von
ImmunsystemkŠmpfen. Sie ist mit der Geschichte des Protektionismus und der
Externalisierung identisch. Die Protektion bezieht sich immer auf ein lokales
Selbst, die Externalisierung auf eine anonyme Umwelt, fŸr die niemand
Verantwortung Ÿbernimmt. Diese Geschichte umspannt die Periode der
Humanevolution, in der die Sorge des Eigenen nur mit der Niederlage des Fremden
zu bezahlen waren. In ihr dominierten die heiligen Egoismen der Nationen und
Unternehmen. Weil aber die ãWeltgesellschaftÒ den Limes erreicht und die Erde
mitsamt ihren fragilen und atmosphŠrischen und biosphŠrischen Systemen ein fŸr
alle Mal als den begrenzten gemeinsamen Schauplatz menschlicher Operationen
dargestellt hat, stš§t die Praxis der Externalisierung auf eine absolute
Grenze. Von da an wird ein Protektionismus des Ganzen zum Gebot der immunitŠren
Vernunft. Die globale immunitŠre Vernunft liegt um eine ganze Stufe hšher als
all das, was ihre Antizipationen im philosophischen Idealismus und im religišsen
Monotheismus zu erreichen vermochten. Aus diesem Grund ist die Allgemeine
Immunologie die legitime Nachfolgerin der Metaphysik und die reale Theorie der
ãReligionenÒ. Sie verlangt, Ÿber sŠmtliche bisherigen Unterscheidungen von
Eigenem und Fremden hinauszugehen. Damit brechen die klassischen
Unterscheidungen von Freund und Feind zusammen. Wer auf der Linie bisheriger
Trennungen zwischen dem Eigenen und dem Fremden weitermacht, produziert
Immunverluste nicht nur fŸr andere, sondern auch fŸr sich selbst.
(Peter Sloterdijk, Du musst Dein Leben Šndern. Frankfurt 2014, S.
712 f)
2015 bis
2017 fand das internationale interdisziplinŠre KŸnstlerInnensymposium ORTung
unter meiner Leitung statt. Die wertvollen Erfahrungen und positiven Entwicklungen
in diesen drei Jahren in der kleinen Oberpinzgauer Gemeinde Stuhlfelden haben
mich bewogen, ein Projekt fŸr Stuhlfelden zu entwerfen, das auf diesen
Erfahrungen und Entwicklungen aufbaut.
Im neben
der Pfarrkirche gelegenen ãNeumaier HŠuslÒ waren bis 2016 FlŸchtlinge
untergebracht. Aufgrund der positiven Erfahrung mit dem KŸnstlerInnensymposium
hat die Ortsgemeinde beschlossen, dieses Haus der Kunst und Kultur zur
VerfŸgung zu stellen. Am
26.
August wurde es im Rahmen von ORTUNG Stuhlfeden offiziell als ãBegegnung im
Neumaier HŠuslÒ eršffnet. Es soll ab diesem Zeitpunkt als Begegnungs- und
Arbeitsort kŸnstlerischen und kulturellen Initiativen zur VerfŸgung stehen
(Ausstellungen, Konzerte, Lesungen, Workshops, Seminare etc.).
Mein Projekt orientiert sich an der Idee des Døojishinkøo (jap. zur selben Zeit am selben Ort). Døojishinkøo ist eine von der Choreografin und ORTung-Teilnehmerin Toshiko Oka entworfene Form des gemeinsamen Tuns und Gestaltens. Ich habe diese Form in Japan selbst miterleben dŸrfen. Es ist ein sehr offener, freier und kreativer Umgang mit sich und den anderen einer Gruppe Ÿber einen lŠngeren Zeitraum, in dem sich Strukturen bilden und wachsen kšnnen, nicht an Ergebnissen orientiert, trotzdem aber auf solche zusteuernd.
Im hier
vorgestellten Projekt CAFƒ SUSI mšchte ich auf die BewohnerInnen selbst
eingehen und deren aktive, kreative Einbindung in BegegnungsrŠume versuchen. Es
geht mir in erster Linie darum, Menschen in Stuhlfelden anzusprechen und zu
animieren, mitzumachen, sich auf Begegnungen einzulassen. Diese Begegnungen
sind aber Begegnungen mit den MitbewohnerInnen selbst, mit den NachbarInnen,
lokalen FreundInnen und GeschŠftspartnerInnen, auf einer anderen Ebene als die
der alltŠglich gewohnten. Der angedachte Prozess soll mit folgenden AktivitŠten
bzw. Anregungen starten, alle weiteren Interaktionen sind offen: Die
interessierten Personen werden angeregt, sich eine weitere (nicht zur
Verwandtschaft zŠhlende) Person aus Stuhlfelden und Umgebung zu suchen, um
diese im weitesten Sinn zu ãportrŠtierenÒ, also zunŠchst einfach sehen,
beschreiben, vielleicht zeichnen, sich mit ihr in einer Art
(kreativ-kŸnstlerisch) auseinandersetzen, wie es im Alltag (Gerede, Tratsch)
normalerweise nicht passiert: mit einer Persšnlichkeit, die man nicht selbst
ist, die nicht zum Eigenen gehšrt, vielleicht zunŠchst fremd ist. Im Fremden
das Eigene, Gemeinsame, Verbindende entdecken. Dieser Prozess ist es, nicht die
jeweilige Strategie oder (kŸnstlerische) Technik, der Einblick in die eigene
KreativitŠt und kŸnstlerisches Potential zeitigt. Neues – neue
Sichtweisen, Beziehungen, VerŠnderung – kann nur entstehen, wenn Altes
losgelassen, Ÿber Bord geworfen werden kann. Dieses Loslassen und Gestalten
lustvoll und als kŸnstlerische wie soziale, zwischenmenschliche QualitŠt
erleben zu kšnnen, ist das Ziel dieses Projektes. Die allfŠlligen Ergebnisse
(Fotos, Tonaufnahmen, Videos, Zeichnungen, Texte usw.) werden im ãNeumaier
HŠuslÒ fŸr alle šffentlich sichtbar und zugŠnglich sein und sollen durchaus
weitere Personen animieren, mitzumachen.
Diesen Zeitraum des Døojishinkøo, der Ÿblicherweise 1 Tag bzw. 24 Stunden ist, sehe ich in Stuhlfelden auf die Projektdauer von 1 bis 2 Wochen ausgedehnt, den Raum nicht auf die RŠumlichkeiten des ãNeumaier HŠuslÒ beschrŠnkt, sondern auf das gesamte Ortsgebiet ausgedehnt, die Gruppe fŸr jede Person in Stuhlfelden offen, gefŸhrt von 1 bis 2 ProjektleiterInnen (zB Wolfgang Seierl und Esther Moises/Salzburg).
Das Projekt CAFƒ SUSI beinhaltet subtile Kommunikations- und Kooperationsprozesse, Gestaltungsmodule in privaten und šffentlichen RŠumen, Interaktionen zwischen den ProjektleiterInnen und den EinwohnerInnen. Dabei wird das Neumaier HŠusl stŠndig ein zentraler Ort und Treffpunkt mit Kaffehauscharakter sein, schlie§lich auch PrŠsentationsort.
Diese
Form des erweiterten und sozialen kŸnstlerischen Arbeitens verspricht nach
dreijŠhriger Vorarbeit im Rahmen der ORTung nicht nur mšglich zu sein, sondern
sehr spannend zu werden.
Info/Kontakt:
Wolfgang Seierl, 0664 596 90 91, wolfgang(at)seierl.com
Dank an
Land Salzburg und die Gemeinde Stuhlfelden
Kooperationspartner:
Tauriska